Doppelspitzen haben in der Wirtschaft einen eher zweifelhaften Ruf. Sie würden ohnehin nicht funktionieren. Und wenn sie funktionierten, dann nicht auf Dauer. Und wenn sie doch auf Dauer funktionierten, dann nur, weil einer der beiden Partner der dominantere Part – und damit der heimliche alleinige Chef – sei. So die gängige Auffassung, wenn man den Medien Glauben schenken darf. Als Beispiele werden meist männliche Doppelspitzen herangezogen. Gemischte Doppelspitzen? Eine Seltenheit. Weibliche Doppelspitzen? Scheinen schlicht nicht zu existieren. Zumindest nicht in großen, bekannten Unternehmen. Vielleicht aber sucht man hier auch nur an der falschen Stelle. Denn bisher haben es nur wenige Frauen an die Spitze der etablierten Großunternehmen geschafft. Wie hoch stehen da die Chancen, dass bei einer Fusion gleich zwei weibliche Führungsspitzen aufeinander treffen – oder zwei Frauen sich gemeinsam nach oben kämpfen? Gleich null.
Doppelte Frauenpower in deutschen Start-ups
Richten wir den Blick also doch einmal in die entgegengesetzte Richtung; hin zu den Start-ups. Die Start-up-Szene hat bereits die eine oder andere tradierte Unternehmensnorm über den Haufen geworfen. So wird man hier auch auf der Suche nach weiblichen Doppelspitzen schnell fündig: Anna Alex und Julia Bösch von Outfittery, Anike von Gagern und Kathrin Weiß von Tausendkind oder Susann Hoffmann und Nora-Vanessa Wohlert von Edition F – um nur einige wenige zu nennen. Eine gute Entwicklung, wie wir finden. Denn Doppelspitzen, und nicht nur die weiblichen, bringen einige Vorteile mit sich. Der wohl größte: Die Zukunft des Unternehmens hängt nicht (mehr) von einer einzigen Person, deren Wohlbefinden und deren Entscheidungen ab. Überhaupt werden Entscheidungen in – funktionierenden – Doppelspitzen meist gründlicher durchdacht und dadurch oft zielführender umgesetzt.
Kolibri Online: Weibliches Gründungsteam seit 9 Jahren erfolgreich
Mit 9 Jahren auf dem Buckel und als Kommunikations- bzw. mittlerweile Content-Marketing-Agentur zählen wir von Kolibri Online uns nicht zu den klassischen Start-ups. Dennoch haben unsere Chefinnen Tine Stensbjerg und Alaitz Anasagasti den Trend quasi vorweggenommen und die Agentur als weibliche Doppelspitze gegründet. Gemeinsam führen sie Kolibri nun schon länger zum Erfolg, als sich die meisten Dax-CEOs (als Doppel- oder Einzelspitze) in der Führungsposition halten können. Denn das sind im Schnitt 6 Jahre. Aber natürlich wissen auch die Gründerinnen von Kolibri, dass eine Doppelspitze die eine oder andere Stolperfalle mit sich bringt. Umso wichtiger, sich diese Tücken klarzumachen und bewusst gegenzusteuern. Managing Partnerin Tine Stensbjerg hat zusammengefasst, welche Grundregeln eingehalten werden sollten, damit eine Doppelspitze funktioniert.
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Erfolgsgeheimnis: 6 Tipps für eine funktionierende Doppelspitze von Tine Stensbjerg
„Aus Gesprächen mit anderen Unternehmern weiß ich, dass es bei vielen Doppelspitzen Reibereien gibt, die der Unternehmensführung abträglich sind. Das ist schade, denn aus meiner Sicht ist die Doppelspitze ideal, um Familie und Karriere zu verbinden. Und das sollte in der heutigen Zeit nicht mehr nur für junge Frauen ein Grund sein, die Unternehmensgründung zu zweit in Erwägung zu ziehen.
Von Anfang an haben Alaitz und ich unsere Partnerschaft sehr geschützt – vor allem vor Problemen, die im turbulenten Unternehmeralltag schnell mal entstehen und zu ernsthaften Gefahren für die Partnerschaft und somit für das Unternehmen werden können.
Aus meiner Sicht sind neben einer grundlegenden Vertrauensbasis einige Verhaltensregeln für das Gelingen einer Doppelspitze entscheidend:
- 1. Die Aufgabenverteilung: Es muss klar definiert sein, wer welche Aufgaben verantwortet und auch, wer geradestehen muss, wenn etwas nicht gelingt. Wir haben die Bereiche Personal, Administration, Controlling, Recht & Steuern, IT-Entwicklung und Marketing & Werbung ebenso untereinander aufgeteilt, wie die Strategie und Unternehmensentwicklung und die tägliche Leitung unserer drei Teams. Es ist uns wichtig, dass die Verantwortungsbereiche transparent geführt werden, damit der jeweils andere zu jeder Zeit auf dem aktuellen Stand ist. Am Jahresanfang werden Ziele gesteckt, die in regelmäßigen Abständen überprüft werden.
- 2. Die Arbeitszeiten: Wer mehr arbeitet, muss besser vergütet werden. Ganz einfach. Wir halten unsere Arbeitsstunden in einer unkomplizierten Excel-Tabelle fest. Wenn eine das Gefühl hat, über einen längeren Zeitraum wesentlich mehr zu arbeiten, können die Zeitangaben aus der elektronischen Schublade gezogen werden – somit sind klare Fakten geschaffen und die Diskussionsgrundlage besteht nicht aus einem vorwurfsvollen „ich arbeite mehr als du“-Gefühl, das für mehr Streit als Lösungen sorgt.
- 3. Die Unternehmensziele: Regelmäßig überprüfen, ob die Unternehmensziele mit den persönlichen Wünschen noch im Einklang sind. Im Arbeitsalltag merkt man nicht immer, dass nicht nur Deadlines, sondern auch Lebensjahre ins Land ziehen. Dabei verändern sich häufig auch die eigenen Wünsche und Ziele – und das nicht immer analog zu den Wünschen und Zielen der Geschäftspartnerin. Während die eine für die Unternehmensexpansion brennt, würde die andere lieber auf 20 Stunden reduzieren und sich mehr der Familie widmen. Derartige Diskrepanzen sollten lieber zu früh als zu spät auf den Tisch kommen. Es gibt immer Lösungen für unterschiedliche Prioritäten. Aber nur, wenn diese rechtzeitig und ehrlich kommuniziert werden.
- 4. Das Commitment: Sich die eigene Verantwortung als Teil einer Doppelspitze bewusstmachen. Familien funktionieren nur dann, wenn die Eltern als Paar zusammenhalten, sich von den Kindern nicht gegeneinander ausspielen lassen und den Familienalltag nicht als Selbstläufer betrachten. Ähnlich ist es mit der Doppelspitze. Auch als Doppelspitze sollte man sich stets der eigenen Verantwortung bewusst sein. Die Beziehung zum Geschäftspartner sollte sich auf Augenhöhe abspielen und von Respekt und Loyalität geprägt sein.
- 5. Die Kommunikation: Einfach öfter miteinander reden – auch wenn oberflächlich betrachtet alles läuft. Viele Missverständnisse können durch Kommunikation und Information im Keim erstickt werden. Alaitz und ich nehmen uns jeden Tag mindestens eine halbe Stunde Zeit, über den Alltag und Konfliktpotential im Unternehmen zu sprechen. Wenn man sich erst bei gravierenden Herausforderungen die Zeit für den Austausch nimmt, besteht das Risiko, dass der Austausch eher von Vorwürfen als von konstruktiver Kritik geprägt ist. Zudem lernt man durch die unterschiedlichen Perspektiven voneinander und kann das Unternehmen so effizienter steuern.
- 6. Die Entscheidungen: Diskutieren, diskutieren, diskutieren – und im Zweifel einen Kompromiss schließen. Dadurch, dass wir die Aufgaben so klar getrennt haben, werden kleinere und mittelgroße Entscheidungen meist eigenständig getroffen. Bei größeren Entscheidungen hat die jeweils andere aber ein Vetorecht. Dann wird diskutiert und zwar so lange, bis eine Lösung auf dem Tisch liegt. Das beste Argument gewinnt. Neben den größeren Entscheidungen, gibt es aber auch noch die ganz großen Entscheidungen, zum Beispiel wenn es um die zukünftige Ausrichtung der Agentur geht. Sind wir uns in solchen Fällen nicht einig, schließen wir uns quasi ein, werfen – bildlich gesprochen – den Schlüssel weg und kommen erst wieder raus, wenn der Beschluss einstimmig ist. Das heißt: Beide müssen voll und ganz hinter der Entscheidung stehen, selbst wenn es mal nur zu einem Kompromiss gereicht hat.
Werden diese 6 Basics eingehalten, steht aus meiner Sicht einer erfolgreichen Doppelspitze nichts mehr im Weg. Die vielleicht wichtigste Grundregel, um diese Basics dauerhaft umsetzen zu können: Das eigene Ego einfach auch mal hintenanstellen. Wir alle predigen unseren Mitarbeitern Fairplay und Teambuilding. Mit diesen Prinzipien ist es aber wie mit vielen anderen: Sie werden nur dann verinnerlicht, wenn sie auch konsequent vorgelebt werden. Dafür muss man aber eben auch der richtige Typ Mensch sein.“
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