Tine Stensbjerg, eine unserer Gründerinnen und Managing Partnerinnen, ist Dänin – und ich habe ihr einen Blogartikel zum Thema „Work-Life-Balance und ihre Auswirkungen auf die deutsche Arbeitskultur“ versprochen. Bevor ich mich für mehrere Stunden in Recherche und Schreibwahn vertiefe, scrolle ich noch mal eben schnell durch meine Facebook-Timeline. Ich könnte das nächste Ryan-Gosling-Gate oder den Neuverkaufsstart der nächsten Runde Einhornschokolade verpassen. Und das will ja nun wirklich keiner. Aber was ich finde, ist besser als Einhornschokolade. Ich finde: Hygge. Hygge ist – glaubt man dem dänischen Autor Meik Wiking – „ein Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“. So lautet zumindest der Untertitel seines Buches, das für die Erfolgsgeschichte von Hygge mitverantwortlich ist. Meik Wiking leitet das Kopenhagener Institut für Glücksforschung und ist – selbstredend – Däne. Wer also, wenn nicht er, sollte ein Buch darüber schreiben, warum die Dänen 2016, mal wieder, den ersten Platz des World Happiness Reports belegt haben? Ja, die Dänen sind das glücklichste Volk der Welt. Es sei ihnen gegönnt. Im Gegenzug will die Welt dafür aber ein kleines Stück vom Dänenglück. Ein kleines Stück von Hygge.
Glück ist auch, dass wir nicht nur eine dänische Chefin, sondern auch zwei dänische Praktikanten haben: Trine und Christian. Ich hole mir also alles, was man zum Thema Hygge wissen muss, aus erster Hand. Ich will herausfinden, was wirklich hinter Hygge steckt. Was bedeutet Hygge für sie? Ist es ihnen gelungen, Hygge mit nach Deutschland zu bringen? Und können die pragmatischen, erfolgsgetriebenen Deutschen Hygge überhaupt lernen – wie Meik Wikings Buch es suggeriert. Wenn ich mir unser Meeting-Setting so anschaue, wahrscheinlich eher nicht. Wir sitzen im kalten Konferenzraum, weit und breit ist keine Kerze zu sehen, und ich serviere weder Tee noch Kaffee. An Kuchen und Kekse habe ich auch nicht gedacht – und damit schon einen ganz entscheidenden Fehler begangen. Denn Hygge hat fast immer irgendwie mit Essen zu tun. „Und mit Menschen“, schiebt Trine dazwischen. Glück gehabt. Ein Mensch bin ich immerhin. Zwar die Creative Directorin, aber davon lassen sich Dänen im besten Fall sowieso nicht beeindrucken. Aber von vorn.
Flexible Arbeitszeiten für mehr Hygge
Ich frage Trine und Christian nun also, was denn Hygge sei – in der dänischen Definition, im Original also sozusagen. Die Antwort: Rumdrucksen. Hygge lässt sich eben nicht so einfach definieren; auch nicht schnell mal ins Deutsche übersetzen. Wir einigen uns darauf, dass Hygge in erster Linie ein Gefühl ist. Irgendwas mit Gemütlichkeit und Wohlfühlen, Zeit für sich selbst und Zeit mit Freunden. In einem Wort: Selbstfürsorge. Klingt erstmal nicht so, als würden Hygge und Arbeit sich besonders gut vereinbaren lassen.
Trine bestätigt diese Vermutung: „Arbeit und Hygge? Das schließt sich gegenseitig aus.“ Wer Dänen die Zeit für Hygge nimmt, nimmt ihnen quasi die Luft zum Atmen. So ist es nur konsequent, dass in dem kleinen nordeuropäischen Staat insgesamt eine entspanntere Einstellung zum Thema Arbeit vorherrscht als hierzulande. Mehr Freizeit, mehr Hygge, glücklichere Dänen. Das kommt im Endeffekt auch wieder dem Arbeitgeber zugute. Glückliche Dänen sind produktive Dänen. Und weil das nicht nur für Dänen gilt, haben wir seit Anfang des Jahres bei Kolibri flexible Arbeitszeiten. Wer um 7 Uhr kommt, darf um 16 Uhr Feierabend machen. Wer um 9 Uhr kommt und um 16 Uhr zum Sport will, der arbeitet danach eben noch zwei Stunden. In der Branche keine Selbstverständlichkeit. Ziemlich hyggelig, wie ich finde (auch wenn es vielleicht nicht ganz den Sinn des Wortes trifft).
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All are equal – Hygge im Arbeitsalltag
Flexible Arbeitszeiten sind toll. Sie ändern aber leider auch nichts daran, dass wir acht Stunden am Tag mit Arbeit verbringen. So schnell lasse ich Trine und Christian deshalb nicht vom Haken. Ich will aus ihnen herauskitzeln, ob sich Hygge nicht vielleicht doch irgendwie in den Arbeitsalltag integrieren lässt. Nach einigem Überlegen, wirft Christian ein knappes „Kollegen“ in den Raum. Was er damit sagen will: Dänen achten sehr auf ein menschliches, kollegiales Arbeitsumfeld. Und tatsächlich: Nach 7 Monaten Kolibri kann ich sagen, dass ich im Arbeitsleben selten so ein respektvolles Miteinander erlebt habe – was auf einen der wichtigsten dänischen Grundsätze zurückzuführen ist: Alle sind gleich. Übersetzt ins Arbeitsleben bedeutet das: Die Meinung eines Praktikanten zählt ähnlich viel wie die eines Creative Directors. Ein Titel ist ein Titel, die Dänen aber sehen in erster Linie den Menschen dahinter. Trine und Christian gehen deshalb auch viel unbefangener mit Führungspersönlichkeiten um, als viele deutsche Praktikanten. Das sorgt nicht nur für ein entspanntes Miteinander, sondern auch für einen offenen Meinungsaustausch – und von dem profitieren alle. Im Gegenzug bekommen unsere Praktikanten Vertrauen und Verantwortung. Oder auch „Freiheit mit Verantwortung“, wie unsere Chefin es gerne nennt. Denn eines ist für eine hyggelige Arbeitsatmosphäre unerlässlich: Dass sich jeder wie ein vollwertiges Mitglied des Teams fühlt.
Mehr Kekse für alle
So viel zu den Menschen. Kommen wir zum Essen. Denn Essen ist so etwas wie die Materialisierung von Hygge. Kuchen, Kekse, egal. Hauptsache, süß und selbstgemacht. Das Schöne an Essen? Es lässt sich besonders leicht in den Arbeitsalltag integrieren. Arbeitet man mit Dänen zusammen, vergeht also kaum ein Tag, an dem keine selbstgemachten Leckereien die Runde machen. Schlecht für die Figur, gut für die Laune. Aber es gibt noch mehr Kleinigkeiten, die Hygge ins Arbeitsleben zaubern. Dazu zählen hübsch gestaltete Arbeitsräume mit Rückzugsmöglichkeiten genauso wie die Freiheit, die Krawatte einfach mal im Schrank hängen zu lassen. Letztere ist in unserer Branche zugegebenermaßen sowieso selten zu sehen. Sie ist in diesem Fall aber auch eher so was wie eine Metapher: Einfach mal locker machen. Sich selbst und auch alles andere nicht so ernstnehmen. Es ist eben nur ein Job. Das heißt nicht, dass wir unseren Job nicht verdammt gut machen. Aber wir haben eben auch verdammt viel Spaß dabei. Easy. Wir haben ja auch Kekse.
Was aber hat Hygge nun mit der „Work-Life-Balance und ihren Auswirkungen auf die deutsche Arbeitskultur“ zu tun? Nun: Wenn deutsche Chefs den Dänen in sich entdecken – bevorzugt einen Dänen mit einer ausgeprägten Vorliebe zu Hygge – stellt sich ein Gefühl von Work-Life-Balance quasi ganz automatisch ein. Und die Auswirkungen? Glücksgefühle für alle. Eine klassische Win-Win-Situation. Denn auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Glückliche Dänen Menschen sind produktive Dänen Menschen.
Über die Autorin

Jana Finklenburg
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